In Italien, wo die Corona-Krise besonders schlimm wütet und nicht mehr alle Patienten, die es brauchen, ein Atemgerät bekommen können – womit sie dem sicheren Tod geweiht sind – , wurde eines Tages ein altes Mütterchen mit Covid 19 in die Notaufnahme gebracht. Sie gehörte zu den Schwächsten, die keine Chance mehr bekamen. Der jungen Ärztin Francesca Cortellaro brach es das Herz, die Not des alten Mütterchens zu sehen und nicht helfen zu können. Sie sprach ein paar Worte mit ihr. Die Frau hatte noch einen Wunsch: Sie wollte sich gern von ihrer Enkeltochter verabschieden. Da gab ihr die Ärztin ihr eigenes Handy für eine FaceTime-Verbindung. Mehr konnte sie für das alte Mütterchen nicht tun.
Herzzerreißend. Und doch eine Geste unglaublicher Zartheit vor grausamster Kulisse. Da gibt ein Mensch einen letzten Trost. Wie ein Lichtstrahl aus einer anderen Welt leuchtet dieser kurze Moment in eine dunkle, scheinbar ausweglose Situation.
Das sterbende Mütterchen durfte über Facetime noch sein Enkeltöchterchen sehen. Jesus durfte auf dem Kreuzweg noch seine mit ihm leidende Mutter am Wegrand sehen. Ihre Blicke begegneten sich. Wahrscheinlich nur kurz. Sie wollte ihm nahe sein, so nahe wie möglich, aber umarmen konnte sie ihn vermutlich nicht mehr. Das ließen die Soldaten kaum zu. Ihm nahe sein aus der erzwungenen äußeren Distanz, aber im Herzen ganz bei ihm – gerade jetzt, wo der Trost des himmlischen Vaters überhaupt nicht mehr spürbar ist und die besten Freunde nicht da sind.
Das ist vielleicht der grausamste Aspekt in der Corona-Krise: die Einsamkeit der Schwerstkranken auf den Intensivstationen. Ihre Liebsten möchten ihnen nahe sein – und können nicht. Die Kranken sehnen sich nach einer tröstenden Hand – vielleicht auch nach den Sakramenten als Zeichen der Nähe Gottes – und es ist niemand da. Nur das vermummte und völlig überlastete Krankenhauspersonal, das einem wegen des Mundschutzes noch nicht einmal zulächeln kann. Kann es in einer solchen Situation Trost geben? Vielleicht sind es ganz kurze, unglaublich zarte Momente. Ein warmer Blick. Ein Streicheln über die Stirn, wenn auch durch das Gummi der Schutzhandschuhe hindurch. Aber es gibt auch noch etwas anderes….
Jesus, Du hast uns gezeigt, dass Leben nicht nur das ist, was wir sehen, hören und berühren. Es gibt eine Innenseite, die keine Grenzen kennt. Es ist die Innenseite der Liebe. Auf dieser tiefen Ebene warst Du dem Lazarus in seinem Grab nahe und schenktest ihm Leben, obwohl er schon vier Tage tot war und ein schwerer Grabstein Dich von ihm trennte. Stärke unser Vertrauen in diese Art von Nähe. Lass unser Beten für die Sterbenden die Hand sein, die sie hält, die Umarmung, die sie tröstet, das Lächeln, das sie aufrichtet. Sei Du ihnen nahe, lass sie nicht verzweifeln und, wenn ihre Stunde gekommen ist, trage sie in Deiner unendlichen Liebe sanft zu Dir heim, wo ihr Herz Ruhe und ewige Freude findet. Sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.