Benedikt von Nursia (480-547)

Hl. Benedikt von Nursia (480-547)

Vater des Abendländischen Mönchtums

Kurzbiografie

Benedikt

Es ist die Zeit der Völkerwanderung, die Endzeit des „Römischen Reiches“, als die Spätantike langsam ins Mittelalter übergeht. Benedikt, ein Junge in Nursia[i] in Italien, blickt selbstvergessen auf die hohen Bergkämme, die seine Heimatstadt umgeben, lässt den Blick an den steilen Hängen entlang in die dunklen Täler gleiten, um dann wieder zu den sonnigen Gipfeln aufzublicken, und macht sich tiefe Gedanken über Gott und die Welt. Von der Unruhe seiner Zeit weiß das Kind, das zusammen mit seiner Zwillingsschwester Scholastika 480 in einer christlichen Familie des beschaulichen Städtchens zur Welt gekommen ist, noch nichts.

Bei seinem Studium in Rom wird der junge Benedikt wenige Jahre später mit den Geistesströmungen und der allgemeinen Orientierungslosigkeit seiner Zeit heftig konfrontiert. Die Sittenlosigkeit, die er um sich herum im quirligen Rom sieht, stößt ihn ab. Auf der Suche nach Sinn und Orientierung spürt er eine große Sehnsucht nach Wahrheit, nach Klarheit, nach Ordnung, nach wahrem Leben, nach Gott, auf den er aufmerksam hören möchte. In der lauten, schrillen Großstadt ist das Hören auf Gott dem nachdenklichen Studenten aber kaum möglich. Entschlossen hängt er trotz brillanter Begabung sein Studium an den Nagel und geht in die Einsamkeit.

Drei Jahre verbringt Benedikt, der Sohn aus wohlhabender Familie, unter einfachsten Bedingungen in einer Höhle bei Subiaco. Seine Tage lebt er im Rhythmus von Gebet und Arbeit. Er ist glücklich, Gott, nach dem er sich sehnt, das Ohr seines Herzens beständig neigen zu können, ohne immer wieder dabei abgelenkt zu werden. Aber er wird umso mehr kompromisslos mit sich selbst konfrontiert: mit den eigenen Abgründen, mit Grenzen und unverarbeiteten Erfahrungen, wie sie jeder Mensch verborgen in sich trägt. Er reift dabei immer mehr seiner Berufung entgegen – nicht ohne Kampf, aber auch nicht ohne Hoffnung.

Hirten entdecken ihn und vertrauen ihm ihre Probleme an. Sie fühlen sich von ihm verstanden und angenommen. Man erzählt es sich weiter, sein Ruf breitet sich aus, und bald wird er gebeten, die Leitung des nahegelegenen Klosters Vicovaro zu übernehmen. Er versucht es, doch ohne Erfolg. Benedikt ist den dortigen Mönchen zu kompromisslos, sie ihm zu bequem und hinterhältig, zu wenig bereit zur Umkehr. Sie entwickeln Hass auf ihn und versuchen ihn sogar zu vergiften. Benedikt verlässt Vicovaro und gründet selber zwölf kleine Gemeinschaften in der Umgebung, die er leitet. Er stößt dabei immer wieder auf Schwierigkeiten wie Neid, Widerstände und Intrigen. Doch er lässt sich nicht beirren.

529 zieht er mit einer kleinen Schar von Mönchen nach Cassino, südlich von Rom, wo er auf dem Monte Cassino ein Kloster erbaut. Dort schreibt er nach vielen Jahren der Erfahrung in der Leitung der Gemeinschaft die „Regel“ für die Gemeinschaft, die aus 73 meist kurzen Kapiteln besteht. Sie sollen als Weisung für das monastische Leben dienen, als Hilfe, um einen guten Anfang auf der Suche nach Gott zu finden. Sie betreffen die innere Haltung vor Gott, das Gebet, die Organisation des klösterlichen Alltags im Rhythmus des „Ora-et-labora“ (bete und arbeite), die Verbindungen nach außen (Gastfreundschaft), die Beziehungen untereinander.

Auch seine Schwester Scholastika lebt nach dieser Regel in einer Frauengemeinschaft, von der aus sie ihren Bruder jedes Jahr besucht. Sie lebt sie, aber als Frau, mit eigenen Akzenten, wie es bei den Begegnungen der beiden deutlich wird.

Am 21. März 547 stirbt Benedikt auf dem Monte Cassino. Seine Lebensform breitet sich rasch in ganz Europa aus. Seine Schwester Scholastika wird zu einer wichtigen Bezugsperson des weiblichen monastischen Lebens, das die religiöse und zivilisatorische Entwicklung auf unserem Kontinent bis heute zusammen mit dem männlichen Mönchtum geprägt hat. Inzwischen gibt es Benediktinerinnen und Benediktiner auf der ganzen Welt.

[i] Heute Norcia, in der Nähe von Perugia