Gottes Antlitz brennt sich ein.

Eine Frau hilft. Sie will Jesus Schweiß und Blut vom Gesicht wischen und reicht ihm ein Tuch. Die Legende erzählt, das Gesicht Jesu habe sich in das Tuch eingeprägt. Das ist nicht naturwissenschaftlich zu verstehen. Deswegen ist es uninteressant zu fragen, ob das stimmt oder nicht. Es geht um das Symbol. Die Hände, die Gutes tun, kommen nicht leer zurück. Es ist etwas geschehen, was mit dem Wort „Angesicht“ am besten umschrieben wird. Es ist plötzlich Präsenz spürbar. Da öffnet sich etwas. Aus dem Miteinander schaut uns Jemand an. „Wo Liebe ist, da ist Gott“, heißt es in einem alten Gesang. Die Bibel sagt: „Gott ist Liebe“. Ja, es ist nicht übertrieben: Die Züge von Gottes Antlitz brennen sich in unser Miteinander ein, wenn es von echter Liebe getragen ist.

In wieviel Krankenhäusern auf der ganzen Welt wird schwerkranken Corona-Patienten (und natürlich auch anderen) vom medizinischen Personal der Fieberschweiß vom Gesicht gewischt! Und noch viel mehr… Corona steht für unglaublich viel Leid. Aber auch für eine Art von Nächstenliebe, eine Besinnung auf das Wesentliche in weiten Teilen der Gesellschaft, die man nicht mehr für möglich gehalten hatte. Natürlich sind wir nicht naiv und wissen genau, dass das nicht so bleibt. Und doch: Die Welt geht in die Zukunft nicht nur mit bleibenden Bremsspuren einer wirtschaftlichen Vollbremsung, sondern um eine wesentliche Erfahrung reicher, die sich tief in die Seelen eingebrannt hat. Die Menschheit ist – in weiten Teilen – ein klein bisschen mehr zur Ikone Gottes geworden.

Jesus, das Tuch unserer Nächstenliebe, das wir Dir reichen, ist klein und ziemlich verknittert, hat Risse und Löcher. Aber wir haben kein anderes. Du schaust nicht auf die Perfektion, Du schaust aufs Herz. Präge in unser Miteinander Dein Antlitz ein. Dein Anblick richte die Menschheit wieder auf und schenke ihr neues Leben. Sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.

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